Khada könnte überall in Afghanistan leben. Man kann sie nicht an ihrer Kleidung erkennen, denn sie kleidet sich wie jede andere afghanische Frau – was jedoch auffällt, ist ihr Verhalten. Dies ist die Geschichte einer der wenigen Christinnen in Afghanistan.
Khada* ist eine von nur wenigen tausend Christen in Afghanistan, deren Leben sich durch die Begegnung mit Jesus verändert hat. Durch das Lesen der Bibel hat sie gelernt, dass Gott sie liebt und sich um sie kümmert, und das hat ihr Anlass gegeben, positiv in die Zukunft zu blicken.
Sie entscheidet sich dafür, mit ihren Nachbarn in Frieden zu leben, den Bedürftigen zu helfen, Mitgefühl und Freundlichkeit zu zeigen und grosszügig zu sein. In einer Gesellschaft, in der die Hoffnung des afghanischen Volkes durch Jahre des Krieges, des Konflikts und der Armut zerstört wurde und in der eine strenge Version des Islams in jedem Lebensbereich durchgesetzt wird, leuchtet Khadas Licht umso heller.
Eine religiöse Kindheit
Khada wurde in eine tiefreligiöse Familie hineingeboren. Als sie aufwuchs, war sie sich des Drucks bewusst, der auf ihr und ihren Geschwistern lastete, um als gute muslimische Familie angesehen zu werden. Ihre Familie wurde für ihre Religiosität respektiert.
Als Khada etwas älter war, arrangierte ihre Familie für sie, wie für andere junge Frauen in Afghanistan, die Heirat mit einem Cousin. Die Ehe erwies sich als glücklich. Khada verliess ihr Elternhaus und zog zu ihren Schwiegereltern und ihrem Ehemann. Zwischen den beiden herrschte viel Zuneigung und Freundlichkeit, so dass sie sich immer näherkamen. «Unsere Beziehungen zu Hause waren sehr gut», sagt Khada. «Alle liebten mich, vor allem mein Mann.»
Khada verstand sich gut mit Menschen. Sie hatte einen Job in einem Büro, der ihr Spass machte. Vor allem mit ihrer Vorgesetzten verband sie eine enge Freundschaft. «Wir wurden Freundinnen», sagt Khada. «Ich erzählte ihr alle Geschichten aus meinem Leben, und sie erzählte mir ihre.» Mit wachsender Freundschaft wuchs auch das Vertrauen – ein Vertrauen, das ihre Vorgesetzte dazu brachte, in einem Land wie Afghanistan ein grosses Risiko einzugehen.
«Irgendwann gab sie mir ein Buch, das sich als Bibel herausstellte», erinnert sich Khada.
Khada nahm sie mit nach Hause, um sie ihrem Mann zu zeigen. Sie hatten beide in ihrer Kindheit den Koran studiert und waren neugierig, was die Bibel zu sagen hatte. In den nächsten sechs Monaten lasen sie gemeinsam das Alte und das Neue Testament. Und sie waren erstaunt, was sie in der Bibel fanden.
Ein neuer, gefährlicher Glaube
«Als ich das Buch nach Hause brachte und begann, es mit meinem Mann zu lesen, stellten sich uns viele Fragen», sagt Khada. Nach intensiver Lektüre und Diskussion beschlossen sie gemeinsam, ihr Leben Jesus zu übergeben und liessen sich schliesslich taufen.
Jesus nachzufolgen erfüllte sie mit solcher Freude, dass sie anderen von dieser neuen Beziehung zu Gott erzählen wollten. Khadas Bruder war der erste, dem sie von Jesus erzählte. «Später erzählte ich meiner Familie davon, und sie wurden alle gläubig. Mein Mann erzählte seiner Schwester davon, und auch sie wurde gläubig. Wir erzählten weiter von unserem Glauben», erinnert sie sich.
Die Dinge schienen gut zu laufen, und trotz der Gefahren, die die Nachfolge Jesu in Afghanistan naturgemäss mit sich bringt, war Khadas Leben weitgehend glücklich.
Doch eines Tages änderte sich alles.
Der Preis der Nachfolge in Afghanistan
«Mein Mann verschwand nach dem Besuch einer Bibelstudiengruppe», erinnert sich Khada. «Ich hatte Angst und alle möglichen Gedanken.»
Als der Tag zur Nacht wurde, wuchs Khadas Angst. Bald wurden die schlimmsten Befürchtungen der jungen Frau wahr. «Nach zwei Tagen fanden wir heraus, dass er tot aufgefunden worden war, mit Zeichen von Folter», sagt sie. «Das war eine traumatische Erfahrung.»
Khada sagt, sie habe in der Bibel Kraft und Trost gefunden. Mit Gottes Hilfe und durch ihren Glauben und ihre christliche Gemeinschaft hat Khada die Freude wiederentdeckt.
Die schwierigsten Zeiten sind die Abende. Nachdem ihre Kinder eingeschlafen waren, unterhielt sie sich normalerweise mit ihrem Mann und sie lasen gemeinsam in der Bibel. Nun, da ihr Mann nicht mehr da ist, spricht Khada mit Jesus und ihre Beziehung zu ihm wird stärker.
«Früher waren alle meine Gespräche mit meinem Mann», sagt sie. «Jetzt sind sie mit Jesus. Ich erzähle ihm jeden Abend Geschichten. Ich bin überzeugt, dass er all meine Gespräche hört.»
Nicht ohne Hoffnung
Mithilfe lokaler Partner konnte Khada ein kleines Unternehmen gründen, das es ihr ermöglicht, für ihre Kinder zu sorgen. Das Leben ist hart, aber sie ist nicht ohne Hoffnung.
«Ich diene weiterhin Christus und folge seinem Beispiel der Demut und der Stärke», sagt sie.
In gewisser Weise leben die Gläubigen in Afghanistan ihr tägliches Leben wie die Gemeinde in der Apostelgeschichte. Wenn sie einen Mitgläubigen in Not sehen, versuchen sie zu helfen. «Wir unterstützen uns gegenseitig durch unseren Glauben», sagt sie. «In wirtschaftlicher Hinsicht helfen diejenigen, die mehr zu teilen haben, ihren Brüdern und Schwestern.»
Obwohl es nur wenige Gläubige in Afghanistan gibt, folgen sie dem Ruf, den sie von Gott erhalten haben. Es ist nicht sicher, es ist nicht einfach. Aber sie haben den Glauben, das zu vollenden, was Gott ihnen aufgetragen hat.
«Wenn wir unser Leben verlieren, werden wir stolz auf uns sein», sagt sie. «Als wir uns für Christus entschieden haben, wussten wir, dass dieser Weg seine Schwierigkeiten mit sich bringt. Aber mit Hoffnung und einem Versprechen, das wir uns gegenseitig gegeben haben, gehen wir diesen Weg weiter.»
Über lokale Partner hilft Open Doors, die Untergrundkirche in Afghanistan durch verschiedene Initiativen innerhalb und ausserhalb Afghanistans zu stärken, z. B. durch Bibelübersetzung, Lebensunterhaltsprojekte, Berufsausbildung, Radiosendungen und Unterstützung von Witwen und Waisen.
Die Fotos in diesem Artikel sind eine Rekonstruktion der Geschichte von Khada.