Alice Loksha, eine christliche Krankenschwester, die 2018 von islamischen Militanten entführt wurde, konnte ihren Entführern entkommen. Preisen wir Gott! Doch die Rückkehr zu ihrer Familie wirft viele Fragen auf in einem Land, in dem die Entführung von christlichen Frauen und Kindern sehr häufig ist.
Alice wurde 2018 bei einem blutigen Angriff des ISWAP (Islamischer Staat in Westafrika) entführt. Sie arbeitete als Krankenschwester für UNICEF in einem Vertriebenenlager im Nordosten Nigerias, als sie zusammen mit zwei nigerianischen Hebammen, die für
das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) arbeiteten, entführt wurde.
Letztere wurden hingerichtet, weil sie als Muslima «die Konsequenzen hätten kennen müssen, für internationale Organisationen zu arbeiten», wie der ISWAP erklärte. Alice Loksha hingegen wurde verschont und zur Heirat gezwungen, «weil sie Christin ist».
Die 42-jährige Mutter musste zwei ISWAP-Kommandeure heiraten, bevor sie fliehen konnte. Bei ihrer ersten Zwangsheirat gebar Alice einen Sohn, der zusammen mit seiner Mutter entkam.
Eine heikle Situation
Als Alice 2018 entführt wurde, war sie verheiratet und bereits Mutter von zwei Kindern. Ihre Befreiung bringt ihre Familie in eine schwierige Situation. Ihr Mann heiratete nämlich nach ihrer Entführung erneut, weil er dachte, sie sei tot.
Alice kehrt nun mit dem Kind eines anderen Mannes nach Hause zurück. Es ist möglich, dass sie und ihr Sohn nach ihrer Rückkehr mit dem Stigma ihrer Familie und ihrer Gemeinschaft konfrontiert werden.
Ein vertrautes Muster in Nigeria
Ein Partner von Open Doors vor Ort erklärt, dass «wir leider viele Geschichten wie die von Alice sehen. Es gibt viel Scham und Stigmatisierung rund um christliche Frauen, die entführt und zwangsverheiratet wurden.
Wenn sie letztlich fliehen oder mit ihren Kindern freigelassen werden, kehren sie nicht einfach in ihr früheres Leben zurück. Sie müssen oft nicht nur mit der Ablehnung durch ihre Ehemänner, sondern auch durch ihre Gemeinschaften zurechtkommen.»
Ein massives und wachsendes Problem
In den letzten zehn Jahren – seit der Entführung von 276 Mädchen in Chibok – wurden laut Amnesty International mehr als 1700 Kinder in Nigeria entführt. Handelt es sich bei diesen Kindern um Mädchen, werden viele von ihnen mit ihren Entführern zwangsverheiratet.
Laut Recherchen von Open Doors ist Nigeria das Land mit den meisten Entführungen im Zusammenhang mit dem Glauben weltweit. Im Jahr 2024 wurden in Nigeria mindestens 3300 Menschen entführt. Den entführten Frauen drohen Tod, (sexuelle und körperliche) Sklaverei
und Zwangsheirat.
Die Auswirkungen dieser Bedrohung auf die christliche Gemeinschaft sind massiv. Familien, Gemeinden und Kirchen sind stark geschwächt, wenn Frauen und Mädchen entführt werden. Und sie sind es auch dann noch, wenn die Entführungsopfer fliehen oder freigelassen
werden, denn Frauen, die zwangsverheiratet, schwanger, sexuell missbraucht oder Mütter der Kinder von Kämpfern sind, sind zu Hause mit Scham und Ablehnung konfrontiert.
Mit dieser Situation ist Alice heute konfrontiert. Sie erhält medizinische und psychosoziale Unterstützung, doch die Verletzungen werden nicht von heute auf morgen verschwinden.
Diese anhaltende Krise der Entführungen und der sexuellen Gewalt gegen Frauen ist einer der Gründe, warum Open Doors gemeinsam mit der Kirche in Subsahara-Afrika die Kampagne «Afrika: Vereint gegen Gewalt» ins Leben gerufen hat.